1996: Die Schweine mit dem Elfenbein (ZDF, 43 Minuten)
1996: Ivory Pigs (ZDF 50 Minuten)

Die ersten Aufnahmen von Warzenschweinen in Freilandhöhlen, soziale Organisation und Biologie des Warzenschweins, übernommen u.a. von BBC und Discovery

Ein Film über Warzenschweine? In der Primetime? Das Stirnrunzeln in der Redaktionsleitung war erwartbar und unübersehbar. Aber ich hatte mir mit “Marsabit” und meinen Kontakten zur BBC einen gewissen Vertrauensbonus erarbeitet, so ließ man mich halt gewähren.

Warzenschwein mit tagealten Ferkeln an Bau. Die Jungen sind sehr temperaturempfindlich und zwingen so die Mütter nachts in die Höhle. Junge Tiere ohne den Schutz der Bautren würden nachts inden Hochländern erfrieren! Gegen Raubfeinde nutzen die Bauten aber wenig!

Als ich dann auch noch in der Kamerawerkstatt eine der damals hochmodernen Fingerkameras in eine wasserdichte Stahlhülle verpacken ließ und allerlei Sonderwünsche äußerte, bemerkte ich durchaus die Comic-Skizzen, die an der Wand hingen und warzige Schweine vor skuriller Technik zeigten. Aber es machte doch allen irgendwie Spaß, an so einem Projekt mitzuarbeiten.

In den Bauten sind sie aber längst nicht immer vor Raubfeinden sicher, so dass sie sehr empfindlich auf Störungen reagieren. Man sollte sich einem Bau nie von vorne nähern, wenn man nicht sicher ist, dass er leer ist! Mein Auto bekam eine deutliche Delle von einem eiligen Schwein wie diesem hier.

Höhlen sind durchaus keine sichere Fluchtburg und gesunde, erwachsene Warzenschweine flüchten praktisch nie in einen Bau, wenn sie von einem Löwen verfolgt werden (nur Junge tun dies). Hier hat ein Löwe in stundenlanger Arbeit (die nachts begann!) einen Höhleneingang so erweitert, dass er ein Schwein herausziehen konnte. Der Rest der Gruppe entkam, wie das Ferkel das gerade davon läuft. Die Rolle der Höhlen war ein Schwerpunkt meiner Forschungsarbeit an den Schweinen und die Thematik spielte im Film ebenfalls eine wesentliche Rolle. Diese Szene wurde allerdings Jahre später fotografiert.

Die Schweine mit dem Elfenbein, ZDF 1996, 43 Minuten

Trailer „Die Schwein mit dem Elfenbein“, ZDF 1996. Ich hatte damals mit meinen Trailern viel mehr Raum und Gestaltungsmöglichkeiten als heutzutage.

Diese Höhle bot sich besonders zum Filmen an, weil es ein zu einer Seite offener Felsüberhgang war, der von der Fingerkamera (oben) gut eingesehen werden konnte. Die beiden kleinen Aufhellleuchten störten die Tiere zum Glück überhaupt nicht, sonst wäre es etwas duster geworden. Die Wirkung war verblüffend und ich konnte später für ähnliche Aufnahmen mehrere andere Bauten nutzen. Damals wurden die Bilder noch per Kabel übertragen weil die Funkverbindung zu störungsempfindlich war!

Dabei war das noch gar nichts im Vergleich zu den Tüffteleien, die Jeff Bell in England für diesen Film ausheckte: Ein gepanzertes, garantiert warzenschweinsicheres ferngesteuertes Gefährt für die Wohnstube der Warzigen. Ich nahm mir nichts anderes vor, als die Ergebnisse meiner Doktorarbeit zu verfilmen und dabei Dinge zu drehen, die ich selbst als Wissenschaftler nicht hatte sehen können. Und was soll ich sagen? Die lieben Tierchen gaben sich alle Mühe mich nicht in Stich zu lassen.

Der zweite Schwerpunkt des Films (und meiner Studie) lag auf dem ungewöhnlichen Paarungssystem der Schweine. Ranghohe Tiere werden von schwächeren bei Paarungen gestört, was unter Huftieren sehr ungewöhnlich ist.
Durch ihre aufdringliche Annäherung (die zu einem gefährlichen Angriff genutzt werden könnte) zwingen sie die aufgerittenen Keiler, die Paarung abzubrechen – dann gilt es aber schnell zu sein! Durch solche Verzögerungen können auch rangniedere Tiere den Erfolg früherer Paarungen verbessern, indem sie die Folgepaarungen von starken Tieren verzögern. Hier handelt es sich um zwei Halbwüchsige, aber solche Störungen kommen auch zwischen Halbstarken und voll ausgewachsenen Keilern vor. Der Film enthielt eine längere Episode solcher Interaktionen, die durchaus nicht einer gewissen Komik entbehrte. Ich weiß von einigen in Afrika forschenden Wissenschaftlern (u.a. Jane Goodall), dass sie den Film dadurch besonders unterhaltsam fanden!

Der Film hatte in Deutschland über vier Millionen Zuschauer, es gab enthusiastische Kritiken (in der FAZ fast eine Viertelseite), die BBC änderte in letzter Minute ihr Sommerprogramm, um den Film noch zu integrieren, und Discovery wurde endgültig auf die NATURZEIT aufmerksam. Nicht zu vergessen – und für mich am wichtigsten: Ich hatte nun weitere Möglichkeiten als Kameramann und Autor zu arbeiten.

Kämpfe zwischen adulten Männchen können sehr brutal eskalieren und ich sah Keiler mit tiefen blutigen Wunden davonlaufen!

Der Aufwand beim Filmen nahm in den Neunzigern schnell exponentiell mit dem Anspruch zu. Da ich im Feld immer in kleinen Teams arbeite (alleine oder mit einem, maximal zwei Assistenten) eine üble Plackerei. Dies war nur meine Ausrüstung, die technischen Spielzeuge von Jeff Bell (der bei diesem Dreh von seinem Bruder vertreten wurde) ergaben einen weiteren Berg an Kisten und Kartons. Inzwischen bin ich bei Drehreisen meist wieder mit einem Bruchteil von dem Zeugs unterwegs. Nicht nur weil ich keine Lust zu der Schlepperei habe! Aufwendige Technik kann mit dem Beobachten natürlichen Tierverhaltens kollidieren, denn man muss den Krempel ja schließlich auf- und abbauen, was kaum unbemerkt machbar ist. Man ist also mit der Technik an bestimmte Arbeitssituationen gebunden, was mir bei den Aufnahmen an den Höhlen nichts ausmachte. Um der Erlebniswelt der Tiere draußen zu folgen, braucht es aber viel Flexibilität und Mobilität, das Gegenteil von fest montierten raffinierten Vorrichtungen.

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