Über mich
Reinhard Radke, Biologe und Filmemacher
Wie es begann und weiterging: Malaysia 1976 und Kongo 2011
Traumhaft
Jahrgang 1948, aufgewachsen im Wirtschaftswunder, schien mir ein technisches Berufsleben vorgezeichnet. Nach meinem Abschluss als Elektroingenieur erfüllte ich mir 1976 einen Lebenstraum: Monatelang durch Südost-Asien zu ziehen, auf Vulkane zu klettern, durch Dschungel zu wandern und fremde Kulturen hautnah zu erleben. Oft für einen Dollar pro Tag, in einer Zeit, als der Ferntourismus nur in Ansätzen existierte.
So kraxelte ich auf Java auf einigen Vulkanen herum, per Fischerboot gelangte ich nach Komodo, um die legendären Warane zu beobachten; mit einem Frachter nach Sumatra, dort mit Holzlastern und zu Fuß schließlich in eine der damals neuen Auswilderungsstationen für Orang-Utans.
Beim Bromo Vulkan, Java 1976
Danach erschien mir die Elektrotechnik fade. Ich studierte Biologie – um mir einen anderen Traum zu erfüllen: Als Verhaltensbiologe in einem afrikanischen Nationalpark zu arbeiten. Auch der Traum ging in Erfüllung und ich promovierte nach 5 Jahren Feldarbeit in Kenia über Warzenschweine. Ja, ausgerechnet, und seither gehören sie zu meinen Lieblingstieren…
Kontrolle von Warzenschweinhöhlen in meinem Arbeitsgebiet in Masai Mara, 1984
Bewegte Bilder
Während meines Studiums bekam ich die Gelegenheit für das Hochschulfilmreferat der TU Berlin wissenschaftliche Filmaufnahmen zu machen, die sich im Laufe der Jahre in diversen Lehrfilmen für das Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen niederschlugen. 1986 machte ich den ersten kurzen Fernsehfilm (für den ZDF tele zoo und natürlich über meine Lieblingstiere). Mein erster „richtiger“ TV-Film, ein Dreißigminüter über die Tourismus-Auswirkungen im Masai Mara Reservat, gewann prompt eine Silbermedaille: Medienarbeit erschien mir allmählich als ernsthafte berufliche Perspektive. Ich investierte also große Teile es damaligen Familieneinkommens in professionelle Technik und werkelte an weiteren ZDF-Beiträgen. Mein Warzenschwein-Know-how brachte mir einen Job als BBC-Kameramann, aus dem immerhin zwei BBC Filme entstanden.
Als Warzenschweinexperte bei Dreharbeiten für die BBC, Kenia 1991
Öffentlich-Rechtlich
Von 1992 bis 2005 war ich Redakteur im ZDF, zuständig für Tierfilm-Auftragsproduktionen und die Kooperation mit internationalen Partnern. Eine meiner wichtigsten Aufgaben war es, deutsche Tierfilme auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig zu machen. Mit der damals gerade gegründeten Vertriebsorganisation ZDF Enterprises gelang das auch, aber eigene Filme konnte ich in der Zeit nur noch sehr eingeschränkt produzieren.
Immerhin, ein paar Werke brachte ich dennoch zustande. Wobei ich mir erlauben konnte, mit den damals neuen Spielzeugen optische Gags in meine Filme einzubauen: Ferngesteuerte Kameras auf Kleinhubschraubern (damals gab es den Begriff der Drohne dafür noch nicht) oder in der Froschperspektive auf kleinen Fahrzeugen (gepanzert, um den Warzenschweinen zu widerstehen), auf Booten, über und unter Wasser. Dazu langarmige Kamerakräne, erste computergesteuerte Zeitraffer, Stahlseile auf denen kleine 16mm Kameras viele Dutzend Meter durch den Busch schwebten – das ganze technische Spielzeug, das Jahre später den Tierfilm so dominieren sollte. Damals waren das allerdings noch häufig klobige, fehleranfällige Geräte und ich hatte meistens weit über 200 Kilo Technik bei mir. Jeff Bell, ein guter Freund aus England, bekannt als Spezialkameramann für die sündhaft teuren John Downer Produktionen, half mir seit Mitte der Neunziger Jahre mit seinen technischen Fertigkeiten bei allen Afrikaproduktionen, die ich für das ZDF als Redakteur machte. (mehr zu einigen technischen Details unter „Filme“).
Die Filmausrüstungen wurden immer unhandlicher: Hier nur mein Bedarf für den Warzenschweindreh 1996, Jeff Bell hatte nochmal einen ansehnlichen Berg an technischem Krimskrams dabei.
Kamera wird für eine Kranfahrt vorbereitet, Galápagos 2003
Frei
Viele Jahre und Filmpreise später, konnte ich mir einen weiteren Traum erfüllen: Eine Kinodokumentation über das Serengeti-Mara Ökosystem. Es war meine erste Videoproduktion, für die ich mir von jungen Kollegen den einen oder anderen Tipp holen musste. Ich hatte bis dahin strikt analog gearbeitet. Aber die neuen hochauflösenden Kameras boten ab 2006/7 Möglichkeiten, die den guten alten 16mm Film endgültig ablösten. Und (für damalige Verhältnisse) brillante Kinobilder ermöglichten. Die spektakulären Superzeitlupen mit extrem aufwändiger und fehleranfälliger Kameratechnik, überließ ich gerne dem jungen Kollegen Ivo Nörenberg.
Plakat des Kinofilms SERENGETI
Nach dieser Großproduktion hat sich eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der NDR-Tochter „Doclights“ entwickelt (unter „Filme“ findet der Interessierte die komplette Liste meines Schaffens mit einigen Videobeispielen). Ich habe es besonders genossen, in den letzten Jahren auf den größten Teil der heutigen Video-Gimmicks zu verzichten und mich dafür viel intensiver auf die Beobachtung und Darstellung von interessantem und manchmal dramatischem Verhalten konzentrieren zu können. Denn die Technik, die man draußen rumschleppt und aufbaut, verschreckt das Wild und lässt längere Beobachtungen nur bei habituierten Tieren zu. Was leider bedeuten kann, dass „vorhersagbare“ Bilder entstehen, wenn auch in wunderbarer Qualität. Die neuen Drohnen sind inzwischen aber so klein und leise, dass sie, vernünftig eingesetzt, durchaus natürliches Verhalten filmen können. Was auch ich bei meinen letzten Drehs zu schätzen wusste.